Heinz Tetzner (1920–2007)

Kurzbiografie
1920 in Gersdorf (Sachsen) geboren · 1941 Gastschüler an der
Kunstakademie Königsberg · 1946–50 Studium an der Hochschule
für Bau- und Bildende Kunst Weimar bei den Professoren
H.Kirchberger und O.Herbig, Bekanntschaft mit Karl Schmidt-
Rottluff · 1951–53 Dozent an der Hochschule für Bau- und Bildende
Kunst Weimar · 1954 Rückkehr nach Gersdorf und freischaffend
tätig als Maler und Grafiker · 1955 Aufnahme in den
Verband Bildender Künstler, Max-Pechstein-Preis · 1987 Max-
Pechstein-Preis (2.Mal) · 1988 Teilwerkverzeichnis 1940–1987
(G.Felsmann) · seit 1990 mehrfacher Aufenthalt in Südfrankreich,
Ausstellungen im In- und Ausland · 1999 Bundesverdienstkreuz
erster Klasse für sein Lebenswerk · 2001 Eröffnung des Tetzner-
Museums in seinem Geburts- und Wohnort Gersdorf · 2007 am
20. August in seinem Heimatort Gersdorf verstorben.

Eine Betrachtung der Kunst des sächsischen Malers
Heinz Tetzner, seiner künstlerischen Freiheit und seines
Traditionsbezuges, bestätigt die fortdauernde Gültigkeit
seines Werkes. In einer retrospektiv angelegten Auswahl
von Ölgemälden, Aquarellen und Holzschnitten, in der
sich die Erfahrungen seines langen Künstlerlebens exemplarisch
vereinigen, stellen wir sein Schaffen in unserer
Ausstellung vor.
Heinz Tetzners Kunst wurzelt in der Umgebung seines
Heimatortes Gersdorf in der Nähe von Chemnitz. Hier
wurde er 1920 geboren und hierher kehrte er 1954
zurück, um als freischaffender Maler und Grafiker bis
zu seinem Lebensende zu wirken. Hinter ihm lagen die
Jahre von Ausbildung und Militärdienst, die ersten künstlerischen
Versuche in der südfranzösischen Landschaft
während der Gefangenschaft und das Studium danach
in der traditionsreichen Kunstschule von Weimar bei
den Professoren Otto Herbig und Hermann Kirchberger.
Beide hatten ihm eine produktive Beziehung zum Erbe
des Brücke-Expressionismus vermittelt, die durch die
Bekanntschaft mit Karl Schmidt-Rottluff verstärkt wurde.
So reflektieren Tetzners Werke auch die in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts gewonnenen Gehalte der
Kunst. Die expressive Malweise und die Bedeutungen
seiner Bilder wurden jedoch überlagert und umgeformt
durch die Erfahrungen der eigenen Generation.
Heinz Tetzner entfaltete in dunkelleuchtenden Farbklängen
und grafischer Bestimmtheit die Motive seines Lebenskreises.
Das dörfliche Erzgebirgsvorland ist die Welt seiner
Landschaftsdarstellungen, darin Bauern und Tiere, alte
Menschen, Kinder und Zirkusleute. Im Mittelpunkt einer
tief empfundenen Liebe zu den Schöpfungen der Natur
stand für ihn der Mensch. Vor allem in den Porträts der
Mutter, den Selbstbildnissen und Harlekin-Darstellungen
wie in den religiösen Themen suchte er die allegorische
Entsprechung für die existentielle Situation des Menschen.
Gefasst in sensible Farbklänge, in die Kraft der Linie und
in den Ausdruck innerster Befindlichkeit, bilden diese
Bilder den Kern seines Lebenswerkes.

 

Er malte sowohl mit Öl- wie mit Aquarellfarben, verstand
sich als Zeichner und als Holzschneider. Im Nebeneinander
der verschiedenen Techniken offenbart sich der stilistische
Ausdrucksreichtum des Künstlers in staunenswerter
Vielfalt.Gänzlich steht sein Aquarellwerk unter dem Gesetz
der Farbe, die sich auf seinen Blättern in sensibler Weise
entfaltet und alle grafischen Elemente verdrängt. Zweifellos
beruht die Ausdruckskraft dieser Arbeiten auf der
Subtilität der farbigen Übergänge. Die Bilder von abendlichen
Landschaften, vom Heimweg der Kühe oder von den gefleckten Truthühnern sind von atmosphärischem
Zauber umhüllt und der alltäglichen Nüchternheit entrückt.
In ihnen verknüpfen sich die Empfindungen des Künstlersmit dem Erlebnis der Natur.
Eindrucksvoll zeigt sich auch in den Ölgemälden sein
toniges, verhaltenes Kolorit, aus dem kräftige Farben
hervorbrechen. Das Gemälde „Mutter und Kind“, 195…
führt in die Inhalte von Tetzners Malerei ein, in die Ambivalenz
zwischen emotionalem Versunkensein und lebendiger
Welthaltigkeit, in die Zustände der Besinnung
und des sorgenden Beieinanders. Ebenso offenbart die
„Heimkehr des verlorenen Sohnes“ aus dem Jahr 1980.
Tetzners ins Allgemeingültige gehobene christlich-humanistische
Weltsicht. Aus den sich überlagernden braungrünen
Farbschichten dringt das Licht der untergehenden
Sonne, als käme es aus den Figuren selbst als Widerspieglung
der starken Gefühle des Angekommenseins
und der Geborgenheit. Die dichte Folge von Selbstbildnissen
diente zur Bewahrung der eigenen Identität, es
war das immer verfügbare Motiv. In seinem Gesicht
sucht er nach dem Unverstellten und Wahren hinter der
äußeren Erscheinung und eröffnet Einsicht in das Spektrum
von Selbstvergewisserung über Distanz, Besinnung
und Nachdenklichkeit hin zu Trauer und Angst. Sein Antlitz
erscheint selbst unter der Schminke des Harlekins,
dem alter ego des Künstlers.
In seinen Holzschnitten fand Tetzner ausdrucksstarke
Formulierungen für die Schicksalsspuren in seinen Selbstbildnissen,
in den Darstellungen der Mutter, der Fischer
und Flößer. Die Bestimmtheit der Linien verband er häufig
mit farbigen Plattentönen, in denen die Vieldeutigkeit
der erfahrbaren Welt als poetischer Grund sichtbar
wird. Dass Tetzners Art der Wahrnehmung als Erkenntnis
elementarer Lebensentfaltung und als bildhafte Erneuerung
naturhafter Kräfte immer auch in Selbsterkenntnis
münde te, gibt seinem Werk einen unverwechselbaren
Charakter.