Kurzbiographie

Bruno Quass (1904-1972)

Der 1904 in Bartschin / Posen geborene Bruno Quass strebte entgegen den Vorstellungen seiner Eltern eine Laufbahn als Maler an, verließ das Gymnasium, um sich bis 1927, einschließlich seiner Zeit als Meisterschüler, an der namhaften Kunstgewerbeschule Stettin auszubilden. Das geschah in Schrift- und Plakatkunst, in Glas-, Mosaik- und Wandmalerei und in Ausstellungstechnik bei dem Grafiker Otto Noell wie den Professoren Oswald Polte (Malerei) und Gregor Rosenbauer (ehemaliger Chefarchitekt bei Peter Behrens). Als Künstler erhielt Quass bald Wettbewerbspreise und öffentliche Anerkennung. Bis dies durch den Nationalsozialismus ab 1937 nicht mehr möglich war, arbeitete er unter anderem für den Karstadt-Konzern in der Kaufhausgestaltung und in der Werbung. Bis zu seiner Kriegsteilnahme in Norwegen ab 1943 und nochmals nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft fand er Anstellung bei dem Berliner Architekten und späteren Weimarer Hochschulprofessor Werner Harting. Ihm oblagen dort die künstlerische Ausmalung von Innenräumen und Ausstellungsgestaltung. Neben der Lehre in Weimar war er an der künstlerischen Ausgestaltung des wieder aufgebauten Deutschen Nationaltheaters in Weimar unter anderem mit 4 Säulenmosaiken beteiligt, die aber während der so genannten Formalismusdebatte und in seiner Abwesenheit - wegen seines fast 4-jährigen Sanatoriumsaufenthaltes ob seiner Tbc-Erkrankung - für Jahrzehnte verhangen und der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Nach der Schließung der Kunstabteilung verblieb Quass an der Hochschule für Architektur und Baukunst und lehrte die Fächer Angewandte Grafik, Dekorative Malerei, Schrift, Farbgebung und Darstellungstechniken. Von 1954 bis zum Ausscheiden aus der Hochschule 1969 leitete er den Lehrstuhl für das Bildkünstlerische in der Architektur. Bruno Quass starb 1972 in Weimar, ohne dass es je zu einer gültigen Ausstellung seines beeindruckenden Kunstschaffens gekommen war. Im Atelier, praktisch im Verborgenen, entstand ein Werk von reifer Meisterschaft, das nur wenige seiner Studenten zu sehen bekamen. Inhaltlich setzt sich der hoch gebildete Quass mit antiker, mit biblischer und christlicher Mythologie auseinander. Er lässt sich aus Literatur und internationalem Sagenschatz anregen. Die Stoffe bearbeitet er frei. In der Umsetzung greift er auf perfekt beherrschte und zum Teil für den Lehrbetrieb selbständig entwickelte Techniken zurück. Allgemein sind es Mosaik- und Collagearbeiten mit reichen Material- und Farbkompositionen. Auch komponiert er sie mit Unterglas- und freier Malerei. Er entwickelt eine Zwirnlegetechnik, wobei der virtuos verschlungene und aufgeklebte Faden sowohl zeichnerische als auch gliedernde Funktion erhält. Aus seiner Beschäftigung mit Säulengestaltungen heraus, für die aber bald die Aufträge ausblieben, setzte sich Quass mit dem Rundbild auseinander. Auf Papprollen und Dosen führt er diese Arbeit mit gestalterischer Kraft, gemäßigt moderner wie - bei verarbeiteten europäischen Kunsterfahrungen der 20er bis 50er Jahre - weitgehend selbst entwickelter Formsprache und mit vollendet schöner Umsetzung zu überzeugenden Kleinkunstwerken fort. Werke solcher Art sind von anderen Künstlern nicht bekannt geworden. Selbst guten Kennern des deutschen Kunstgeschehens in den Nachkriegsjahren wird die nun mögliche Begegnung mit dem Werk von Bruno Quass Überraschendes offenbaren.