Biographie Bildergalerie
Woldemar
Winkler,
am 17. Juni 1902 in Mügeln bei Dresden
geboren, 102-jährig am 30. September 2004 in Gütersloh gestorben, ist einer
der herausragenden Einzelgänger und Nonkonformisten der deutschen Kunst des 20.
Jahrhunderts. Der technisch vielseitige Maler, Zeichner, Grafiker, Bildhauer,
Collagist, Assemblage- und Objektkünstler schuf in 8 Jahrzehnten, von Beginn
der 20er Jahre an, bis zu seinem 98 Lebensjahr im Jahre 2000, ohne Maßstabverlust
ein gewaltiges künstlerisches Lebenswerk.
Mit Blick auf sein in der Tendenz imaginatives
Alterswerk, etwa seit Beginn der 60er Jahre, stellt heute die internationale
Fachwelt den lange Zeit wenig beachteten stilistisch eigenwilligen Künstler in
eine Reihe mit den großen deutschsprachigen Surrealisten Max Ernst, Richard
Oelze und Wolfgang Paalen.
Nach einer Ausbildung im historischen Stilzeichnen in einer Lampenfabrik in Mügeln,
dem Erlernen der Emailtechnik bei Prof. Bastanier an der
Kunstgewerbeschule in Pforzheim, nach Mitarbeit in Architekturbüros, studierte
Winkler ab 1922 an der Dresdener Akademie für Kunstgewerbe zunächst
Architektur bei Karl Simmag und später Malerei bei Carl Rade, dessen Meisterschüler
er wird. Von 1928 - 1930 setzt er die Studien an der staatlichen Akademie der
bildenden Künste in Dresden bei Ferdinand Dorsch und Max Feldbauer fort.
Bereits 1928 wird Winkler an die private Akademie für Malen und Zeichnen des
Hofrates Prof. Ernst Oskar Simonson –Castelli berufen. Nach dessen Tod betraut
ihn das sächsische Ministerium mit der Leitung der Schule. Winkler bringt mit
seiner höchst erfolgreichen Arbeit bedeutende Schüler wie Walter Nessler,
Albert Wigand, Kate Diehn-Bitt und Hilde Donndorf hervor. In den 30er Jahren war
er Nachstellungen der Nazis ausgesetzt, die auch seine baukünstlerischen
Arbeiten aus dem öffentlichen Raum entfernten bzw. zerstörten. Als Winkler
1941 zum Kriegsdienst eingezogen wird, übernimmt Ernst Hassebrauk die Leitung
der Schule.
Nach der Rückkehr aus norwegischer Kriegsgefangenschaft 1947 fand Winkler nur
noch die Trümmer der Schule und seines Stadtateliers vor. Damals glaubte er, daß
der Großteil der Werke seiner 20jährigen künstlerischen Arbeit zerstört
seien. Über diesen angenommenen Verlust kam er lange Zeit – bis hin zur Lähmung
seiner künstlerischen Aktivität - nicht hinweg. Obwohl ihm 1947 in Dresden ein
Lehramt angeboten worden war, verließ er aus Furcht vor neuer kunstpolitischer
Einflußnahme die Sowjetische Besatzungszone. Durch die Heirat mit der
Handweberin Margret Horsthotte läßt er sich in Gütersloh nieder. Ab Ende der
50er Jahre entsteht auf der Basis höchsten Arbeitseifers bis 2000 ein an Umfang
enormes, thematisch und formal vielfältiges, von aktuellen Kunsttendenzen kaum
beeinflußtes Alterswerk, das ihm seinen heutigen kunstgeschichtlichen Platz
sicherte. Winklers Ziel, „unser ganzes psychisches Vermögen zurückzugewinnen
auf einem Weg, der nichts anderes ist als ein schwindelerregender Abstieg in uns
selbst“, weist ihn als Geistesverwandten der Surrealisten aus. Letztendlich
gelingt ihm die Erweiterung unseres Begriffes von Wirklichkeit, eine neue Sicht
auf die Welt und die Forderung nach - zunächst gedanklicher - Weltveränderung.
Etwa zu der Zeit als Woldemar Winkler durch hohes Alter und Krankheit die eigene
künstlerische Arbeit einstellen muß, tauchen unerwartet bei Aufräumarbeiten
im elterlichen Haus in Dresden hinter einer Mauer zahlreiche, vorrangig kleinere
Vorkriegsarbeiten und über 1000 frühere Zeichnungen auf, die auch den
Blick auf das bisherige Gesamtwerk des Ausnahmekünstlers beeinflussen.
Nur wenige dieser Werke wurden bisher in der Öffentlichkeit gezeigt.
Mit Unterstützung durch die Familie wird nun erstmalig eine Ausstellung möglich,
die in größerem Umfang einen zeitgleichen Blick auf das Vorkriegs- und auf das
Nachkriegswerk in zahlreichen Facetten ermöglicht.